Anne-Friederike Heinrich: Allererstes ABC außergewöhnlicher Ausreden

Über das Buch

Anne-Friederike Heinrich, Kinderbuchautorin und Mutter, ist bereits durch Ihr Debut: „Mückebär und die Suche nach dem geraubten Winter“ keine Unbekannte mehr. Begleitet durch eine spannende Geschichte klärt der Kinderroman über den Klimawandel auf.

Nun schlägt die Schweizerin heitere Töne an. Das „Allererste ABC der außergewöhnlichen Ausreden“ ist ein wundervoll leichtfüßiges Buch, das die Freude am Spiel mit den Worten, die Liebe zur Sprache mit kindlichem Witz und Humor vereint.  Dabei werden Unfälle und Missgeschicke des Familienalltags mit liebevollem Blick unter die Lupe genommen.

Inhalt

Jeder Buchstabe des Alphabets stellt ein typisch kindliches „Vergehen“ mit der dazu passenden „Ausrede“ vor. Wortwörtlich „zauberhaft“ kaschieren die Zwerge kleine Unfälle im Haushalt, kindliche Streiche und vermeintlich verbotene Verhaltensweisen.
Dabei wird der Blick auf alltägliche Vorfälle gerichtet, die jede Mama und jeder Papa kennt: ob es der unerwartete Pups, das Treten auf Legosteine oder das wiederholte Umwerfen von Wassergläsern ist. Diese Vorfälle stellt Friederike Heinrich leichtfüßig, humorvoll und traumtänzerisch dar, so dass das gemeinsame Schmökern zum familiären Event wird.

Wer bislang nicht wusste, was eine Alliteration bzw. ein Stabreim ist, wird es durch dieses Buch lernen. Waghalsig und Zungenbrecherisch ist das Vorlesen so nicht nur Herausforderung, sondern ein riesiger Spass. Und jedes Familienmitglied möchte sich am fehlerfreien Vorlesen versuchen.

Visuelle Gestaltung

Illustriert wurde das Buch von Anke Evers. Sie verleiht jedem der Zwerge einen unverwechselbaren Charakter und passt Körperhaltung, Gesichtsbildung und Aussehen der jeweiligen Tätigkeit an.

Der Stil ist realistisch, jedoch grafisch vereinfacht und arbeitet mit linearen Konturen, dadurch werden Kontraste verstärkt und Bildaussagen unterstrichen. Auch die Farben arbeiten mit Komplementärkontrasten und unterstützen durch ihre fröhliche Buntfarbigkeit den Charakter des Buches.

Psychologische Ebene

Im Kindesalter entwickelt sich das Bewusstsein der Scham und die Fähigkeit zu erkennen, dass man gegen eine Regel verstoßen hat. Es ergibt sich daraus eine Mischung unterschiedlicher Gefühle: der Reiz, etwas Verbotenes auszuprobieren, das Bewusstsein, etwas falsch gemacht zu haben und/oder die Scham, wenn man dabei erwischt wird.
Dieses Gemisch an Empfindungen befähigt Kinder dazu, ihre Fantasie zu beflügeln und die unglaublichsten Ausreden zu ersinnen. Und genau hier setzt auch Friederike Heinrichs Buch an.

Mit Witz und liebevollem Scharfblick entlarvt sie solch unangenehme Situationen. In Stellvertreterfunktion der Kinder handeln hier die zauberhaften Zwerge und geben so die Möglichkeit zur Thematisierung, zum gemeinsamen Lachen und zum Dialog.

Sie entfachen die kindliche Fantasie und regen dazu an, das Leben dieser Zwerge weiter zu denken. So hat sich bei uns in der Familie schon ein Vertauschwicht eingeschlichen, der Schuld daran trägt, wenn etwas nicht  mehr am vorgesehenen Platze liegt.

Empfehlung

Ich empfehle das Buch zum einen jedem Schulkind. Auf solch spielerische Weise das Alphabet zu lernen und  dabei noch Spass zu entwickeln an den Möglichkeiten der Sprache, begeistert für das Lernen.

Aber auch kleineren und größeren Kindern empfehle ich das Buch als Vorlesebuch. Vor allem die gemeinsame Lektüre mit der Familie macht riesig Freude. Und das Konsultieren, sollte doch einmal einer getrödelt, genascht oder die Klorolle entwendet haben, entschärft jede Situation.
Denn gemeinsames Lachen ist noch immer die beste Medizin und heilt sicher auch schmerzende Füße, wenn man dann doch auf einen Legostein getreten ist.

Rian Visser, Noëlle Smit: Theodor trödelt

„Wir sind genau richtig für den nächsten Bus!“

Theodor zu seiner Mama

Über das Buch

Rian Visser ist eine niederländische Autorin und Grafikerin. Sie hat bereits über 50 Bücher veröffentlicht und lebt mit ihrer Familie in Haarlem.
Illustriert wurde „Theodor trödelt“ von Noëlle Smit, einer freischaffenden Kinderbuchillustratorin aus Amsterdam.

„Theodor trödelt“ ist ein wundervolles, buntes und leichtfüßiges Kinderbuch. Eine liebevoll erzählte Geschichte, die zeigt was im Leben wirklich wichtig ist und den Eltern den Spiegel vorhält.

Inhalt

Theodor ist immer zu spät dran. Seine Mutter treibt ihn beständig an, sich zu beeilen. Soll sich Theodor morgens für die Schule fertig machen, muss er unbedingt noch wichtige Dinge erledigen: ein Lied auf dem Klavier üben, die Spielzeugautos in den Schrank sortieren, damit die Mama nachher nicht wieder alles falsch einräumt oder einfach nur die Blumen betrachten oder mit der alten Dame an der Bushaltestelle plaudern.

Eines Tages kommt er wieder einmal zu spät in die Schule und es fällt ihm auf, dass Herr Vogel nicht da ist. Als er ihn endlich findet, sieht er ganz seltsam aus und er ruft die Lehrerin. Diese alarmiert den Notarzt und attestiert Theodor, dass er genau zur rechten Zeit gekommen ist.

Visuelle Gestaltung

Die visuelle Gestaltung ist einfach wunderbar: überbordend, frech, humorvoll, detailreich, bunt und fantasievoll. Die Protagonisten sind als Tiere dargestellt und es finden sich Igel, Hase, Vogel, Otter und Frösche.

Mit kraftvollen Umrisslinien und Farbflächen wird genauso gearbeitet, wie mit feinen oder aquarellierten Strukturen. Dazu kommen gekrakelte Linien und Schraffuren sowie gesprühte Farben. Diese Mischung aus verschiedenen Techniken verleihen den Bildern Lebendigkeit und Bewegung.
Es ist eine wahre Lust, sich in die Betrachtung zu vertiefen.

Psychologische Ebene

Das Buch führt vor allem uns Eltern das Zeitempfinden von Kindern vor Augen. Es macht uns deutlich, dass das Erleben im Hier und Jetzt so wichtig ist.
Kinder erleben den Augenblick und verlieren dabei schnell den Zeitplan aus den Augen. Wir als Eltern sollten hier mehr Geduld und Einfühlung aufbringen und auch mehr Gelassenheit.

Manchmal reicht es doch tatsächlich einfach den nächsten Bus zu nehmen.

Empfehlung

Dieses Buch eignet sich, um mit Kindern über Zeiterleben und Zeitempfinden zu sprechen, aber auch den Umgang von Eltern und Kind zu thematisieren.
Mir gefällt besonders, dass aus Sicht des Kindes das Verhalten der Mutter kritisch reflektiert wird. Es fordert einen dazu auf, sich an die eigene Nase zu fassen. Denn mal ganz ehrlich: wer kennt sie nicht, diese Hektik vor Kindergarten und Schule und dieses ständige: „Beeil Dich!“.  Schnell erwischt man sich dabei, dass man so ist, wie man eigentlich gar nicht sein will.

Wenn wir uns selbst aus der Distanz betrachten  und mit dem liebevollen Humor, wie es das Buch tut, kann dies sehr viel Entschleunigung und einen leichteren Umgangston in den Familienalltag  bringen.

Das Lesealter wird mit 7-8 Jahren angegeben, aber ich finde man kann es durchaus schon mit größeren Kindergartenkindern lesen und Freude daran haben. Meine Tochter liebt dieses Buch und sie ist gerade drei Jahre alt geworden!